Bericht über den Einsatz von Helene und Horst Gerber in unserem Partnercollege LCCB 2015

 

  

Eva Sonny-Lagies, Bilder von der offiziellen Übergabe des (erneuerten) PC_Labors in  Banz

 

Und dazu der Bericht von Horst Gerber:

Bericht über den Senior Expert Einsatz von Helene und Horst Gerber

vom 04.01. – 07.05. (06.04.) 2015 in Banz Papua New Guinea

Zum achten Mal in Reihe waren wir zu einem kurzen Intensiveinsatz in Banz/ Papua New Guinea seit Eintritt in den Ruhestand 2007, schwerpunktmäßig im Lutheran Church College in Banz, wo wir schon von 1992 – 1999 aktiv tätig waren. Wir kennen also die Situation und brauchen keine Einführung oder Vorlauf, sondern sind sozusagen vom ersten Tag voll einsetzbar. Wir bewegen uns dort buchstäblich in einem zweiten zuhause. Diese Kontinuität ist auch die besondere Stärke unserer Tätigkeit für beide Seiten und außerordentlich effektiv, freilich ebenso intensiv.

 

Zwei Anfängerkurse zur Herstellung von liturgischem Material

Am 06. Januar waren wir angekommen und schon am Sonntag, 11. Januar trafen sich die 12 Teilnehmerinnen zu diesem Kurs. Natürlich war das, dank moderner Kommunikationsmittel, schon vorher von zuhause aus organisiert worden. Delegierte Frauen aus den Ausbildungsinstitutionen, den Mädchenschulen und den Distrikten entwarfen und produzierten Altartücher, Paramente für Altar und Predigtpulte, Stolen in den verschiedenen Kirchenfarben, mit aufgestickten biblischen Motiven zu den Festkreisen des Kirchenjahres und unterschiedliche weiße Talarformen. Wichtig war, dass wir ausschließlich Material verwendeten, das am einheimischen Markt vorhanden ist und soweit möglich, bekannte einheimische Symbolbilder einführten. So wird z.B. das Jesuskind nicht in einer Krippe, sondern in einem Netzsack geboren oder der Sproß Isais entspringt einer Kokosnuss oder getauft wird aus einer Muschelschale. Dr. Traugott Farnbacher konnte  während seines Besuches vom 13. – 16. Januar davon persönliche Eindrücke mitnehmen. Am folgenden Montag, 19. Januar reisten die Teilnehmerinnen überaus stolz wieder ab, mit dem Versprechen im kommenden Jahr ihre Fertigkeiten mit einem Folgekurs zu vertiefen und zu erweitern.

Vom 22. – 29. März fand ein zweiter solcher Kurs mit 17 Teilnehmerinnen , die auch vom Frauenbüro in Ampo geschickt worden waren, bei uns in Banz statt. Wir sind dankbar, dass uns die Transportmittel des Colleges und die Räumlichkeiten des Frauenzentrums zur Verfügung stehen. Leider sind beide meist in unzureichendem Zustand, sodass wir viel Zeit, Energie und auch Geld für Reparaturen oder Ersatzbeschaffungen aufwenden oder anderweitig improvisieren müssen, um zumutbare Zustände für eine reibungslose Durchführung solcher Angebote sicherzustellen. Das Interesse der Frauen, ihre Bereitschaft und Freude und oft auch ihre überraschenden Fähigkeiten und Talente sind jedoch alle Anstrengungen wert. Insofern denken wir, dass die Mehrkosten von rund € 1.000 für zwei Kurse anstatt einem, auch zu rechtfertigen sind.

Ansonsten war Leni durchgehend zwischen den Kursen mit vor allem den Frauen der verheirateten Studenten beschäftigt, wobei es naturgemäß mehr um normale Näharbeiten für einfache Kleidung für ihre Familienangehörigen ging.

Mit dem Beginn des Unterrichts am College war Leni mit dem Unterrichtsfach „Messnerdienst und liturgische Schmuckgestaltung“ in Gottesdienst und Kirche beauftragt.

Technische Hilfe durch Sohn Thomas

Gleichzeitig mit unserer Ankunft in PNG trafen wir mit unserem Sohn, Thomas (Entwicklungsingenieur bei BMW) und seiner Partnerin, Hijang Hwa (Zahnchirurgin) in Banz zusammen. Thomas war in seinem Urlaubsmonat gekommen, um mir mit der Instandsetzung von Maschinen und mit Schweißarbeiten zu helfen. Das war vor allem für die anstehenden Bau- und Umrüstungsarbeiten wichtig. Ohne ihn hätten wir die einzelnen Projekte nicht zeitgerecht durchführen können. Am 29.Januar kehrten sie nach Hause zurück.

 

Unterrichtsbeteiligung

Es ist mir wichtig nicht nur technische und organisatorische Hilfe zu leisten, sondern mich auch am ganz normalen Unterrichtsbetrieb zu beteiligen und das vor allem zum jeweiligen Schulbeginn. Es gibt kaum eine Ausbildungseinrichtung, nicht nur in der Kirche, die einigermaßen rechtzeitig mit dem Unterricht Ende Januar oder anfangs Februar beginnt. Lehrer und Schüler kommen wochen – ja monatelang später an oder überhaupt nicht. Stundenpläne und Fächervertreilung liegen nicht vor oder werden mehrfach kurzfristig verändert oder angepasst. Stundeneinheiten beginnen  laufend 10 -20 Minuten später oder fallen unangekündigt aus. Studierende kommen oft nicht zum Unterricht oder genehmigen sich ein paar schulfreie Tage. Dem, wenn auch nur zeichenhaft, so etwas wie Disziplin, Ordnung und Verantwortung entgegenzusetzen, ist notwendig und der Unterschied wird wohl wahrgenommen. Wie in den vergangenen Jahren unterrichte ich die Fächer „alt – und neutestamentliche Einleitung und Liturgie und Gottesdienst“ im 1. Jahrgang,  „einheimische Missions- und Kirchengeschichte“ im 2. Jahrgang und „Weltreligionen“ im 3. Jahrgang. Es bleibt natürlich das Problem der Weiterführung dieser Fächer durch die einheimischen Pastoren, auch wenn sie natürlich mein erarbeitetes Material und die offiziellen Niederschriften zur Verfügung haben.

 

Einrichtung eines neuen Computer-Lab

Die besondere Herausforderung bestand diesmal in der Einrichtung eines neuen, größeren Lehrraumes für den IT-Unterricht. Vor 6 Jahren hatten wir ja mit Hilfe der Partnerschaft des Dekanats Kitzingen das erste Computer-Lab eingerichtet, das in dieser schnelllebigen digitalisierten Welt inzwischen nicht nur veraltet, sondern vor allem zu klein und auch ziemlich herunter gewirtschaftet war. Dazu wurde ein geeigneter heller Unterrichtsraum völlig umgerüstet. Zunächst wurde der Raum außen mit Sicherheitsgittern an Fenstern und Türen, hoffentlich einbruchssicher, ausgestattet. Nach Vorschlag von unserem IT-Experten, Stefan Zwilling, wurde die Elektrifizierung erneuert und vor allem in Erdkanälen sicher und ausbaufähig verlegt, um das neue Netzwerk mit Lehrercomputer und Projektionsbeamer möglichst  störungsfrei anzulegen. Gerade hatte ich den Auftrag für diese Elektroarbeiten an einen befreundeten einheimischen Jungunternehmer vergeben, als dieser samt seiner Familie (Frau und 2 Kinder) bei einem tragischen Verkehrsunfall tödlich verunglückte. Leider hatte ich fast die Hälfte der Vertragssumme von K 2.000 bereits an ihn ausbezahlt, damit er das nötige Material einkaufen konnte.  Dennoch hatten wir noch etwas Glück im Unglück, dass ich kurzfristig einen kompetenten, sprich lizensierten Ersatz finden konnte. So waren alle notwendigen Vorarbeiten abgeschlossen, dass unser Experte Stefan in meiner letzten Aufenthaltswoche die Installation, Vernetzung und Aufstellung der Geräte im inzwischen auch renovierten Unterrichtsraum vornehmen konnte. Damit kann der praktische Unterricht mit und an den Computern im neuen Trimester aufgenommen werden.

 

Renovierungsarbeiten

Weitaus schwieriger gestalteten sich die Renovierungsarbeiten, vornehmlich an den Quartieren der Studierenden, besonders den Farmen für die verheirateten Studenten. Mit über 120 Studierenden, darunter 56 Neuaufnahmen sind unsere Grenzen längst überzogen. Besonders betroffen davon ist der Anteil der verheirateten Studierenden, die fast ein Drittel ausmachen, weil einige ihrer Farmen, soweit bereits renoviert, zweckentfremdet an Angestellte vergeben oder an Außenstehende vermietet worden sind. Oder eben noch nicht renoviert, also unbewohnbar sind. Von den eigentlich 12 Farmen wurden nur noch vier von Studentenfamilien bewohnt. Immerhin drei Farmen konnten inzwischen unter großen Mühen meinerseits zurückgewonnen werden, aber nur eine bisher für eine Studentenfamilie. Die beiden anderen mussten von mir, zumindest  vorübergehend der Not gehorchend, von Studenten besetzt werden, welche in den anderen normalen Unterkünften (dormitories) keinen Schlafplatz gefunden hatten. Aber wenigstens stehen sie wieder den Studierenden zur Verfügung. Leider konnte diesmal nur eine Farm gänzlich neu renoviert werden,  zwei bleiben in unterschiedlichen Renovierungsstadien für kommendes Jahr zurück. Denn wir haben ein akutes Problem mit unseren Handwerkern und Hilfskräften. Einmal stehen uns zu wenig qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung und zum andern sind sie wenig verlässlich, weil sie zu viel private Schwarzarbeiten auf Kosten des Colleges durchführen. Das ist ihre Art von „misappropriation“ im hiesigen Gesellschaftssystem.

Natürlich stellt sich die Frage: Warum tut niemand was dagegen, schafft Ordnung, nimmt Verantwortung wahr? Das ist das grundsätzliche Dilemma einer hierarchisch konstruierten Kirche in einer Gesellschaftskultur, die keine übergeordnete, allgemein verbindliche Ordnung und Verantwortung kennt und wahrzunehmen bereit noch in der Lage ist.

 

Inservice Training

Früher gehörte die laufende Betreuung von ehemaligen Ausgebildeten zu den festen Aufgaben jeder Ausbildungseinrichtung der Kirche. Dies ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Seit 2008 gehört dies wieder zu den regelmäßigen Schwerpunkten unserer Einsätze. Dieses Jahr trafen sich wieder 28 Absolventen, darunter 7 Frauen, vom 12. – 19. April im Women´s Centre am College. Sie kamen aus Abschlussjahrgängen seit 1989 bis 2013 und verstanden sich fast sofort als eine Gemeinschaft. Die allermeisten arbeiten auch heute noch in irgendwelchen, auch verantwortlichen Bereichen unserer Kirche. Mit ihnen beschäftigten wir uns schwerpunktmäßig mit aktuellen Themen in Kirche und Gesellschaft. Diesmal war das unter anderen die Frage der Todesstrafe. Augenblicklich sitzen 17 Kandidaten in den Todeszellen des Landes und 12 Landsleute sitzen wegen Rauschgiftschmuggels in Untersuchungshaft in Indonesien. Durch die Hinrichtung der sogenannten „Bali Ninth“ im März dieses Jahres ein brisantes Thema im Pazifikraum. Wohltuend, dass fast alle Lehrkräfte, nicht nur die Pastoren, sich an der Durchführung dieses Seminars mit eigenen Beiträgen aktiv beteiligen.

 

Partnerschaftsbetreuungen

Das College selbst ist seit langem durch eine Partnerschaft mit dem Dekanat Kitzingen verbunden. Von daher ist es selbstverständlich, dass ich ständig als Vermittler und Botschafter  sowohl zuhause als auch vor Ort tätig bin. Die nicht unerhebliche finanzielle Unterstützung unserer Projekte am College über MEW ist ein deutliches Zeichen der intensiven Bemühungen und einer fruchtbaren Zusammenarbeit.

Als ehemaliger Dekanatsmissionspfarrer vom Dekanat Heidenheim bin ich auch regelmäßig zu Besuch in den Gemeinden und im Missionsgebiet des Karimui Circuits im Chimbugebiet. Diesmal war ich vom 18. – 24. Januar dort und habe gleich eine neue Studentin mit nach Banz gebracht, die vom deutschen Partner unterstützt wird. Außerdem ging es um Vorbereitungen und Absprachen für eine Jugenddelegation, die 2016 Heidenheim besuchen soll.

Als von außen kommenden Partnern ergeben sich für uns als kirchliche Organisation und Mitarbeiter aus Übersee besondere Möglichkeiten zu helfen und zu vermitteln. Darin sehen wir den tieferen Sinn und Zweck unserer Einsätze als ehemalige Mitarbeiter der Mission.

 

Ansbach, 26.05.2015

Horst Gerber, Pfr.i.R.