Wort für die Woche

Pfingsten, das ist ein Wechselbad der Gefühle. Mutlos, enttäuscht, verzweifelt, so zeigt sich das Bild der ersten Christen vor 2000 Jahren. Die Kreuzigung Jesu durch die Römer ist zur Bedrohung auch für ihr Leben geworden. Verständlicher Weise verschanzen sich hinter dicken Mauern und verlassen kaum noch das Haus.

Und dann kommt Pfingsten. Es weht ein kräftiger Wind. Der Heilige Geist, der nicht nur Fenster und Türen zu öffnen vermag, erfüllt sie mit ganz neuer und wundersamer Energie.

Die ersten Christen werden mutig, trauen sich wieder hinaus und erzählen voller Begeisterung von Jesus. Wie er Kranke geheilt und Verzweifelte getröstet hat. Wie er sich eingesetzt hat für die, die gesellschaftlich an den Rand gedrängt waren. Wie durch ihn auch ihr Glaube an Gott gewachsen ist. Voller Inspiration  entdecken sie: Menschlichkeit, Gemeinschaft, Hoffnung und Vertrauen auf Gott sind größer als alle Ungewissheit.

Auch die Zeit einer Pandemie ist ein Wechselbad der Gefühle. Da gab es zu Beginn den ersten Schock und manche Panik. Kein Wunder, dass die meisten von uns erst einmal einkaufen gegangen sind. Viele haben schlecht geschlafen, haben sich ohnmächtig und ausgeliefert gefühlt. Es gab bange Momente, Geduldsproben und Phasen der Angst. Aber irgendwann gab es auch ein leichtes Aufatmen, eine gewisse Routine im achtsamen Umgang miteinander.

Noch ist nicht alles überwunden, aber uns Menschen ist die Fähigkeit gegeben über uns hinauszuwachsen, Schwierigkeiten zu meistern, Veränderung zu gestalten und anderen in Not zu helfen. Pfingsten ermutigt zur Zuversicht. Jesus sendet den Geist der Hoffnung, der Kraft und der tätigen Nächstenliebe. Aus Mutlosen werden Engagierte, Verzweifelte wagen neue Wege und Traurigen eröffnet sich neuer Gestaltungsraum. In dieser Erwartung, dass Gott geben wird, was wir zum Leben brauchen, gehen wir auf das Pfingstfest zu. Der Heilige Geist wird Mittel finden uns zu berühren, Energie zu schöpfen und das Leben neu zu bestehen.

Jacqueline Barraud-Volk

Pfarrerin in Marktbreit, außerdem im Schuldienst im Egbert Gymnasium der Abtei Münsterschwarzach sowie Rundfunkpredigerin im Bayerischen Rundfunk

 

erschienen am 29.5.2020 in: Mainpost Kitzingen

Schwimmend durch die Krise 

„Wem das Wasser bis zum Hals steht, der sollte den Kopf nicht hängen lassen“ – sondern anfangen zu schwimmen. Dann macht er die Erfahrung, dass das Wasser ihn trägt und er in der Krise nicht untergeht. Die Corona-Krise erschüttert im Moment unser Land. Niemand weiß, wie wir durch diese Krise kommen. Viele blicken mit Sorge auf ihre Zukunft. Hilflosigkeit macht sich breit. Die Enge der eigenen Wohnung wird als belastend empfunden.  Viele sind durch Homeschooling und Homeoffice überfordert. Und kein Ende abzusehen. Die Krise dauert an, der Wasserpegel steigt. Doch: „Leben heißt nicht zu warten bis der Sturm vorbeizieht, sondern zu lernen im Regen zu tanzen.“

„Zuversicht – 7 Wochen ohne Pessimismus“ so hieß die Fastenaktion der Evang. Kirche in der Passionszeit 2020. Ostern ist zwar vorbei, das Thema aber umso aktueller. Kommen wir schwimmend – mit Zuversicht- durch die Krise oder zieht uns der Pessimismus runter?  Zuversicht beflügelt zu mutigem Handeln, lässt aufatmen, setzt Energie frei und trägt uns durch Krisen. Manchmal genügt eine kleine Änderung der Blickrichtung. Ja, das Glas ist halbvoll. Die Kraft des Optimismus, eine positive Lebenseinstellung, das Vertrauen in die Zukunft lässt  Dinge in einem neuen Licht erscheinen. 

Viele ließen den Kopf nicht hängen und engagierten sich, zeigten Solidarität und Menschlichkeit,  begeisterten mit kreativen Innovationen, entdeckten  neue  Kommunikationsformen.  freuten sich über die geschenkte Zeit, und entdeckten, dass alle Menschen wichtig und „systemrelevant“ sind. 

Christen fühlen sich von Gott getragen, wissen sich in Gottes Hand geborgen und erfahren selbst im Angesicht von Tod und Trauer Trost und Zuversicht. Der alte Vers „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück. Denn du Gott bist bei mir.“ lässt mich zuversichtlich jeden Tag dankbar als Geschenk annehmen und mich daran erfreuen.

Und nicht vergessen: Kopf hoch :-) 

Klaus Raab, Dekanatsjugendreferent

 

erschienen am 11.5.2020 in: Mainpost Kitzingen

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Mit langem Atem lebt sich`s gut

Der Atem ist - wie der Herzschlag – ein Grundrhythmus unseres Lebens. Was immer wir tun, bei Tag und bei Nacht, solange wir leben: Wir atmen. Wenn wir uns körperlich anstrengen oder aufgeregt sind, geht er schneller, manchmal ringt man nach Atem, dann geht er wieder ruhig dahin. Eine Grundübung der Meditation ist, mich dem Fluss meines Atems zu überlassen, wahrzunehmen, wie er ein- und ausströmt, wie von selbst. Aber auch bei sportlichen Aktivitäten, beim Wandern oder Joggen, ist es wichtig, seinen Atemrhythmus zu finden. Es macht keinen Sinn, eine Strecke so anzugehen, dass man nach einiger Zeit völlig aus der Puste ist.

Ein langer Atem steht sprichwörtlich für Gelassenheit. Wer einen langen Atem hat, gerät bei einer herausfordernden Situation nicht gleich in Aufregung und lässt sich nicht erdrücken von einem Berg von Aufgaben. Ein langer Atem ist auch gefragt in der Beziehung zu meinen Mitmenschen, wenn ich die Liebe durchhalte, auch wenn die Nerven blank liegen. Dann kann auch mal ein Seufzer Ausdruck des langen Atems sein.

Solchen langen Atem brauchen wir in der derzeitigen Lage besonders. Seit 7 Wochen ist vieles anders, und wir begreifen: Wir werden noch lange mit der Pandemie leben. Ein langer Atem hilft, dass wir uns nicht verrückt machen und ängstigen lassen, sondern geduldig und gelassen mit der Situation umgehen.

Wenn einer einen langen Atem hat, dann ist das Gott. Sein großer Atem strömt durch die Welt mit Frühling und Herbst, Frost und Hitze, Tag und Nacht. Wenn ich mir vorstelle, was Gott so mit uns Menschen erlebt, braucht er diesen langen Atem besonders. Es ist der lebensschaffende Schöpfergeist, voll Güte und Trost. Und manchmal, glaube ich, kann auch ich ihn spüren: Wenn ich irgendwo in der Natur unterwegs bin, zu Fuß oder mit dem Fahrrad ein gewundenes Tälchen entlang: Der Bach gluckst, die Sonne scheint durch das zarte Grün der Bäume, die Vögel zwitschern um die Wette – da ist alles gut, und Corona ist weit weg. Da kann auch ich aufatmen, da strömen Zuversicht und Lebensfreude zurück.

Bleiben Sie gesund und behütet!

Matthias Wagner, Pfarrer in Segnitz

 

erschienen am 4.5.2020 in: Mainpost Kitzingen

Bildrechte beim Autor

Ideen entwickeln – Spaß finden – Gutes tun 

Du schneidest dir selbst die Haare, stellst vorher-nachher-Bilder ins Netz und lachst mit anderen, die die gleichen Probleme haben. Das gesparte Geld spendest du für Menschen, die jetzt besonders in Not sind, – das fühlt sich richtig gut an! #haircutchallenge ist eine der unfassbar vielen Ideen, die in der Krise entstanden sind. Da werden Einkäufe für ältere Menschen organisiert, gemeinsam digital musiziert und gebetet, jemand hängt eine Klopapierrolle am Schmuckband an seine Haustür für „Bedürftige“; und kaum war der Mangel an Schutzausrüstung klar, gab es schon ein Netzwerk von Informatikern, die Folien im Baumarkt besorgen und im 3-D-Drucker Atemschutze für Kliniken herstellten.

Ist das nicht großartig, was dieses fiese Virus wie die Sonne zum Schatten an Kreativität und Gemeinsinn mit sich bringt? Über Wochen ziehen Politiker verschiedenster Parteien weitgehend an einem Strang, bringen drastische Maßnahmen und millionenschwere Hilfspakete fast im Stundentakt auf den Weg. Was für eine grandiose Freiheit: Neues entdecken, kreative Lösungen finden, uns aufmerksamer begegnen. Ostern ist der Durchbruch unbändiger Lebenskraft!

Dies frische Leben ist teuer erkauft: der Zerstörungswelle abgerungen, die unzählige Menschen an den Abgrund führt. Was müssen da viele aushalten! Mit dem, der jetzt sein Einkommen verliert, wird das Lebenswerk von Generationen zerstört. Und das alles, damit die gesamte Bevölkerung – und dazu gehören wir - halbwegs durchkommt. Da leiden viele und sterben Existenzen auch für meine Sicherheit. Sollten wir die Chance verspielen, diese ungeheuerliche Krise umsichtig in Griff zu nehmen und die Welt freundlicher zu gestalten? 

Die allgegenwärtige Anspannung will sich Luft machen. Die Frage ist nur, in welche Freiheit der Überdruck entweicht: gibt es einen gigantischen Knall und übrig bleiben nur Fetzen? Oder gelingt es, der Spannung ein Ventil zu geben: erste Einkäufe zu genießen, und Einschränkungen zu tragen zum Schutz für uns alle? Die Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied. 

Ein paar unbeschwerte Osterlacher, frischen Lebensmut, Schutz und Segen in dieser schwierigen Zeit wünscht Ihnen 

Maria Reichel, Schwanbergpfarrerin 

 

erschienen am 20.4.2020 in: Mainpost Kitzingen